Preisvorstellung und Realität bei Wohnimmobilien
Werte Leserinnen und Leser,
Zum Jahreswechsel – Gedanken zur realistischen Preisfindung von Immobilien
In der täglichen Beratungspraxis begegnet uns immer wieder die Frage, wie Angebotspreise für Wohnungen und Häuser zustande kommen. Nicht selten erstaunt dabei, auf welchem Preisniveau Immobilien am Markt angeboten werden – und wie wenig dieses mit der tatsächlichen Marktrealität zu tun hat.
Bei vielen Objekten entsteht der Eindruck, dass der Verkaufspreis weniger auf fundierten Marktanalysen basiert, sondern vielmehr auf Wunschvorstellungen oder einer Überschätzung des eigenen Eigentums. Die Auswertung von Marktdaten und Datenbanken mit tatsächlich erzielten Kaufpreisen zeigt regelmäßig: Ein erheblicher Teil der Angebote liegt deutlich außerhalb des realistischen Marktniveaus.
Die Folgen sind bekannt – lange Vermarktungszeiten, geringe Nachfrage und letztlich häufig kein Verkauf. Woran liegt das?
Aus unserer Sicht sind es vor allem folgende Punkte:
1. Verhandlungsspielraum wird überschätzt
Oft wird argumentiert, man müsse „ja ohnehin verhandeln“ und setze den Preis deshalb bewusst an der oberen Grenze an. Das Ergebnis ist jedoch häufig das Gegenteil des Gewünschten: Interessenten nehmen den Preis als unrealistisch wahr und verzichten bereits im Vorfeld auf eine Anfrage. Ein zu hoch angesetzter Angebotspreis reduziert die Nachfrage deutlich.
2. Emotionale Überbewertung der eigenen Immobilie
Individuelle Gestaltung, hochwertige Ausstattung oder persönliche Investitionen haben für Eigentümer einen hohen emotionalen und subjektiven Wert. Für Kaufinteressenten sind diese Faktoren jedoch oft zweitrangig – sie orientieren sich an Lage, Grundriss, Zustand und Marktvergleich. Der persönliche Mehrwert des Verkäufers lässt sich nur selten in einen höheren Marktpreis übersetzen.
3. Renditeerwartungen bei Kapitalanlagen werden ignoriert
Bei vermieteten Immobilien stehen wirtschaftliche Überlegungen im Vordergrund. Käufer vergleichen Immobilien mit alternativen Anlageformen. Wenn beispielsweise sichere Staatsanleihen rund 2,85 % Rendite bieten, ist eine Wohnung mit einer anfänglichen Mietrendite von 3 % kaum attraktiv – insbesondere vor dem Hintergrund aktueller Finanzierungskosten von etwa 3,5 % bis 4,0 %. Eine Immobilie muss zumindest die laufenden Finanzierungskosten tragen können, um als Kapitalanlage interessant zu sein.
4. Gesamtinvestition statt Kaufpreis
Zum Kaufpreis kommen Erwerbsnebenkosten sowie häufig notwendige Renovierungs- oder Modernisierungsmaßnahmen hinzu. Diese Gesamtkosten bestimmen die tatsächlichen Einstandskosten der Immobilie. Werden diese Faktoren nicht berücksichtigt, lässt sich für den Käufer keine ausreichende Mindestrendite erzielen – und das Objekt bleibt unverkäuflich.
5. Unrealistische Preisversprechen schaden der Vermarktung
Auch im Maklerumfeld wird mitunter den hohen Preisvorstellungen von Eigentümern gefolgt, um einen Auftrag zu erhalten. Dabei wird übersehen, dass dies zu schwer vermarktbaren Objekten führt und letztlich weder Verkäufer noch Käufer profitieren.
Aktuelle Auswertungen tatsächlich erzielter Kaufpreise zeigen beispielsweise für den Raum Nürnberg/Fürth, dass die realisierten Preise häufig – teils deutlich – unter den Angebotspreisen liegen. Nur wenige Immobilien mit überdurchschnittlicher Lage, Qualität und Ausstattung können sich dauerhaft oberhalb des Marktniveaus behaupten.
Fazit:
Eine realistische, marktorientierte Preisfindung ist die entscheidende Grundlage für einen erfolgreichen Immobilienverkauf. Sie schafft Vertrauen, sorgt für Nachfrage und führt letztlich zu besseren Ergebnissen für alle Beteiligten.
Kommen Sie gut ins neue Jahr!
Dipl.-Kfm. Markus Kestler
Zertifiziert nach DIN EN 15733
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